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Geballer der Pointen

ESSLINGEN: Das aktuelle Kabarettprogramm der Galgenstricke ist, wie es heißt: Zum Schießen

Von Melanie Braun

Viele Patienten im Esslinger Klinikum haben nichts zu lachen: Wer schwer krank ist oder auch nur vorübergehend ans Bett gefesselt, muss viel aushalten. Der Förderverein Proklinikum versucht mit seinen Projekten, diese harte Zeit etwas zu erleichtern. Doch nun haben sich die Mitglieder des Vereins selbst etwas gegönnt. Zum 25-Jahr-Jubiläum sind sie zum Lachen in den Keller gegangen: in den der Galgenstricke – und fanden den Auftritt der zwei Kabarettisten ganz offensichtlich zum Schießen.

Wie passend: Genau so heißt das aktuelle Kabarettprogramm von Erich Koslowski und Herbert Häfele. Und wie gewohnt strotzt es vor großen Lachern und kleinen Witzchen, vor Ironie und Sarkasmus und vor teils so brutalen Überspitzungen, dass einem das Lachen schier im Halse stecken bleibt. Oft ballern die Zwei ihre Pointen heraus wie ein Maschinengewehr – wer nicht höllisch aufpasst, hat schon wieder drei feinsinnige Formulierungen verpasst. Und wenn es doch mal etwas ruhiger wird, dann meist, weil Herbert Häfele am Klavier sitzt und dort virtuos die Klassiker der gefühlt 100 vergangenen Jahre in einem Song zusammenfasst – versehen mit einem selbstverständlich selbst kreierten, mal spitzbübisch heiteren und dann wieder bitterbösen Text.

Flüchtlingspolitik im Visier

Immer wieder im Visier ist dabei die Flüchtlingspolitik und der Umgang der Deutschen mit den Neuankömmlingen. So fordern Koslowski und Häfele etwa noch viel mehr Flüchtlinge, damit sie es auch mit den vier Millionen Nazis im Land aufnehmen könnten – zumal sich Letztere wie wild vermehrten, während Sozis eher im Aussterben begriffen seien. Quer durch alle Höhen und Tiefen der Flüchtlingsarbeit geht die kabarettistische Reise, und jeder kriegt dabei sein Fett weg: Rassisten und Rechtspopulisten ebenso wie die von manchem Gutmenschen geschimpften Ehrenamtlichen, die alles nur in rosarot sehen.

Natürlich darf auch Trump nicht fehlen bei den Parodien der bewährten Bühnenkünstler. So schwärmt Koslowski vom Unterhaltungswert des US-Präsidenten: „Trump gucken ist wie Dschungelcamp, Frauentausch und Die Geissens auf einmal.“ Im Übrigen habe Trump ja auch deutsche Wurzeln: Sein Großvater habe sich als deutscher Winzer jeden Tag mit Wein zugeschüttet und stets Saumagen gevespert – nun sehe man, welche Folgen eine solche Ernährung haben könne.

Vorschlag für neue Kampftruppe

Die AfD, deren Kürzel laut Koslowski für „Angstavangarde für Dumpfbackendeutsche“ steht, schlagen die zwei als neue Kampftruppe für Syrien vor. Dort könne die stellvertretende Bundesvorsitzende der Partei, Beatrix von Storch, doch „sehr gut auf Frauen und Kinder schießen“, so wie sie es schon für den Zweifelsfall empfohlen habe – natürlich nur, wenn es unbedingt notwendig sei.

Aber nicht nur die große Politik landete im Fadenkreuz der Kabarettisten, auch vor Esslinger Besonderheiten machten sie nicht Halt. So wunderte sich Herbert Häfele ausgiebig darüber, dass die örtlichen Politiker wohl große Angst hätten, sich zu erkälten. Was sonst solle das ständige Gerede um die Frischluftschneisen? Es sei doch längst klar: „In Esslingen zieht’s!“ Deswegen müsse man diese Kaltluftschneisen ja auch endlich zubauen, klarer Fall.

Ob sie sich über die neue Pädagogik an Gemeinschaftsschulen und das Gymnasium als neue Einheitsschule, über die Wunder neuester Smartphone-Technik oder aber über kuriose Inhaltsstoffe von Biowurst mokieren: Koslowski und Häfele punkten mit Pointen im Minutentakt. Auch wenn vielleicht manch musikalische Einlage ein bisschen lang geraten ist, kann man nur sagen: Das aktuelle Kabarettprogramm heißt genau so, wie es ist, nämlich zum Schießen.

25 Jahre förderverein proklinikum

Historie: Der Förderverein Proklinikum wurde im Jahr 1992 unter dem Namen „Freunde und Förderer der Städtischen Krankenanstalten Esslingen“ gegründet. Ziel des Vereins ist es nach wie vor, die Versorgung und Betreuung der Patienten im Esslinger Klinikum weiter zu verbessern. Proklinikum will für das Krankenhaus werben, Spenden für konkrete Projekte sammeln und eine Plattform für den Gedankenaustausch zwischen Klinik und Bevölkerung sowie zwischen Patienten und Ärzten sein. In dem Verein engagieren sich nicht nur Bürgerinnen und Bürger aus Stadt und Kreis Esslingen, sondern auch die Klinikleitung und viele Ärzte.

Projekte: Im Lauf der vergangenen 25 Jahre hat der Verein Proklinikum zahlreiche Projekte unterstützt, sowohl finanziell als auch durch ehrenamtliches Engagement. Jüngstes Beispiel ist die Erweiterung und Modernisierung der Schlaganfalleinheit am Klinikum, die mit 900 000 Euro von Proklinikum gefördert wurde – möglich wurde die großzügige Spende durch eine große Erbschaft, die dem Verein überlassen wurde. In den Patientengarten, der im Jahr 2014 eingerichtet wurde, steckte der Verein rund 200 000 Euro. Auch ein hochmodernes Ultraschallgerät, mit dem unter anderem die Steifigkeit von Organen bestimmt werden kann, wurde jüngst finanziell unterstützt. Zudem hat der Verein zahlreiche andere Projekte gefördert, etwa die Neugestaltung des Eingangsbereichs der Kinderklinik, die Patienteninformationsmappen, die Pflegestühle für die Onkologische Tagesklinik, die Einstellung einer Kunsttherapeutin in der Psychosomatik, die EDV-Ausstattung in der Pflegeschule, den Hubschrauberlandeplatz und vieles mehr. Die Schwerpunkte des Vereins hätten sich in all den Jahren nicht verändert, sagt Otto Blumenstock vom Vorstand: Während der Verein Herzklopfen sich vor allem für die Belange der Kardiologie einsetze, kümmere sich Proklinikum um alle anderen Bereiche. Der Verein hat derzeit rund 300 Mitglieder.